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Aus der ZeitschriftFamPra.ch 1/2023 | S. 26–43Es folgt Seite №26

Nachehelicher Unterhalt bei nicht lebensprägenden Ehen – oder: Wie lässt sich das negative Interesse bestimmen?

Stichwörter:
Aktuelle Rechtsprechung, Bundesgericht, Lebensprägung, lebensprägende Ehe, nicht lebensprägende Ehe, gebührender Unterhalt, Lebensstandard, ehelicher Standard, vorehelicher Standard, Verbrauchsunterhalt, positives Interesse, negatives Interesse, Scheidungsschaden, Eheschaden, Heiratsschaden, entgangener Gewinn, Einkommenspotenzial, Vorsorgeunterhalt, nachehelicher Unterhalt, angemessener Beitrag, nacheheliche Solidarität, ehebedingte Nachteile.
Mots-clés :
Jurisprudence actuelle, Tribunal fédéral, impact décisif sur la vie, mariage ayant eu un impact décisif sur la vie, mariage n’ayant pas eu d’impact décisif sur la vie, entretien convenable, niveau de vie, niveau de vie durant le mariage, niveau de vie avant le mariage, entretien courant, intérêt positif, intérêt négatif, dommage lié au divorce, préjudice causé par le mariage, dommage lié au mariage, gain manqué, potentiel de revenus, entretien pour les besoins de prévoyance, entretien après le divorce, contribution équitable, solidarité après le divorce, inconvénients liés au mariage.

I. Einführung

Mit seinen Leitentscheiden BGE 147 III 249, BGE 147 III 293, BGE 147 III 308 und BGE 148 III 161 hat das Bundesgericht jeglichen Automatismen im nachehelichen Unterhaltsrecht eine Absage erteilt und für die Dauer und Höhe nachehelicher Renten auf den Einzelfall verwiesen.2 Während die Berechnung des Unterhalts bei lebensprägenden Ehen aktuell in der Lehre und Praxis intensiv dis- Aus der ZeitschriftFamPra.ch 1/2023 | S. 26–43 Es folgt Seite № 27kutiert wird,3 finden sich praktisch keine Anhaltspunkte dafür, wie die Renten bei nicht lebensprägenden Ehen zu bestimmen sind.4 Diese Frage könnte künftig an Relevanz gewinnen, falls sich eine restriktive Praxis hinsichtlich der Lebensprägung etablieren sollte.5 Der vorliegende Beitrag setzt hier an mit dem Ziel, dafür zu sensibilisieren, dass nacheheliche Unterhaltsbeiträge auch bei fehlender Lebensprägung denkbar sind6 und um generell eine Diskussion über diesen bislang (zu) wenig beleuchteten Aspekt anzustossen.

II. Kriterium der Lebensprägung als Ausgangspunkt

1. Lebensprägung nicht alleine entscheidend

Das Bundesgericht hat in seinen Unterhaltsleitentscheiden moniert, der Unterscheidung zwischen lebensprägender und nicht lebensprägender Ehe sei zuletzt eine eigentliche Triagefunktion zugekommen, was in dieser absoluten Form nie der Meinung des Bundesgerichts entsprochen habe.7 Es sei nicht gerechtfertigt, etwa einer kinderlosen Ehe eine ganz andere Tragweite zu geben je nachdem, ob sie neun oder elf Jahre gedauert habe.8 Die Unterteilung in lebensprägende und nicht lebens- Aus der ZeitschriftFamPra.ch 1/2023 | S. 26–43 Es folgt Seite № 28prägende Ehen dürfe nicht die Funktion eines «Kippschalters» haben.9 Die frühere Praxis sei mit dem unerwünschten Kippeffekt einhergegangen, dass bei nicht lebensprägenden Ehen von einer ganz kurzen Unterhaltsrente und bei lebensprägenden Ehen von einer prinzipiell dauerhaften Fortführung der ehelichen Lebenshaltung ausgegangen worden sei.10

Ob im Ergebnis tiefe, hohe, kurze oder lange Renten festgelegt werden, hängt somit nach Ansicht des Bundesgerichts nicht vom Kriterium der Lebensprägung an sich, sondern vielmehr von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, die einer Ehe zugrunde liegen.11

2. Lebensprägung relevant für die Bestimmung des massgebenden Standards

Auf Stufe der Lebensprägung findet allerdings auch unter der neuen Praxis weiterhin insofern eine Weichenstellung statt, als sich hier der massgebende (eheliche oder nacheheliche) Lebensstandard bestimmt.12 So sei gemäss Bundesgericht bei lebensprägenden Ehen sozusagen ein positives Interesse («Scheidungsschaden») und bei Kurzehen gewissermassen eine Art negatives Interesse («Heiratsschaden») zu vergüten, wobei der nacheheliche Unterhalt in erster Linie auf der nachehelichen Solidarität und nicht auf dem Schadenersatzgedanken basiere.13 Bei lebensprägenden Ehen gebe es Anspruch auf Fortführung des letzten gemeinsamen Standards resp. bei zufolge scheidungsbedingten Mehrkosten ungenügenden Mitteln auf beidseits dieselbe Lebenshaltung.14 Bei nicht lebensprägenden Ehen sei für den nachehelichen Unterhalt dagegen am vorehelichen Standard anzuknüpfen und der berechtigte Ehegatte so zu stellen, wie wenn die Ehe nicht geschlossen worden wäre.15

Die Lebensprägung ist daher noch immer eine relevante Grösse im nachehelichen Unterhaltsrecht,16 da sich hier entscheidet, ob das positive oder das negative Interesse zu vergüten ist.

Aus der ZeitschriftFamPra.ch 1/2023 | S. 26–43 Es folgt Seite № 29

III. Nachehelicher Unterhalt bei nicht lebensprägenden Ehen?

In BGE 147 III 249 erwog das Bundesgericht, wo die Eigenversorgung nicht genügend möglich resp. erreichbar sei, um den gebührenden Unterhalt des berechtigten Ehegatten zu decken, sei «jedenfalls bei lebensprägenden Ehen nachehelicher Unterhalt zuzusprechen».17 Daraus ergab sich die Anschlussfrage, ob bei nicht lebensprägenden Ehen überhaupt nacheheliche Unterhaltsrenten infrage kommen.18 Seit BGE 148 III 161 ist dieser Aspekt nun aber geklärt. Darin hob das Bundesgericht den angefochtenen Entscheid auf, um die Angelegenheit zur neuen Beurteilung des nachehelichen Unterhalts an die Vorinstanz zurückzuweisen.19 Hintergrund war, dass die Vorinstanz anders als das Bundesgericht von einer lebensprägenden Ehe ausgegangen war, ohne zu prüfen, ob ausgehend von den vorehelichen Verhältnissen ein allfälliger Unterhaltsanspruch der Ehefrau in Betracht kommt.20

Nacheheliche Unterhaltsrenten – ausgerichtet auf den Ausgleich des negativen Interesses – sind damit nach (zutreffender) Ansicht des Bundesgerichts auch bei nicht lebensprägenden Ehen grundsätzlich denkbar.21

IV. Positives und negatives Interesse im Vertragsrecht

1. Allgemein zum Interesse

Wenn das Bundesgericht in den genannten Entscheiden auf das positive und negative Interesse verweist, greift es auf Institute aus dem Vertragsrecht zurück, die im Zusammenhang mit der Schadensberechnung entwickelt wurden.22 Nach der Differenzformel kann ein Schaden in der Vermehrung der Passiven, der Verminderung der Aktiven oder in entgangenem Gewinn bestehen.23 Der entgangene Gewinn beruht auf einer Beurteilung eines hypothetischen Geschehensverlaufs, wobei der Eintritt üblich sein oder sonst wie sicher in Aussicht stehen muss.24 Der Schaden entspricht Aus der ZeitschriftFamPra.ch 1/2023 | S. 26–43 Es folgt Seite № 30der Differenz zwischen dem gegenwärtigen – nach dem schädigenden Ereignis festgestellten – Vermögensstand und dem hypothetischen Stand, den das Vermögen ohne das schädigende Ereignis hätte.25 Diese Differenz lässt sich auf zwei Arten bestimmen, die eine führt zum erwähnten positiven, die andere zum vorgenannten negativen Interesse.26

2. Positives Interesse

Beim positiven Interesse, auch Erfüllungsinteresse oder Nichterfüllungsschaden genannt,27 soll die Gläubigerin so gestellt werden, wie wenn der interessierende Vertrag richtig erfüllt worden wäre.28 Die Frage, wie die Gläubigerin bei korrekter Vertragserfüllung gestellt wäre, entscheidet sich nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge, den die von ihr zu substanziierenden Umstände nahelegen.29 Erfasst werden im adäquat kausalen Bereich der unmittelbare und der mittelbare Schaden.30 Neben dem positiven Schaden hat der Schuldner auch den entgangenen Gewinn sowie in diesem Rahmen nutzlos gewordene Aufwendungen zu ersetzen.31

3. Negatives Interesse

Das negative Interesse, auch als Vertrauensinteresse oder Vertrauensschaden bezeichnet,32 soll die Gläubigerin so stellen, wie wenn der infrage stehende Vertrag gar nicht geschlossen worden wäre33 resp. wie wenn sie nie etwas vom betreffenden Vertrag gehört hätte.34 Massgebend ist der hypothetisch bestimmte status quo ante, Aus der ZeitschriftFamPra.ch 1/2023 | S. 26–43 Es folgt Seite № 31wie wenn vom Vertrag nie die Rede gewesen wäre.35 Zum Schaden gehören die Einbussen, die nicht erlitten worden wären, wenn die Gläubigerin den Vertrag nicht eingegangen wäre.36 Zu ersetzen ist der Schaden, der aus dem Dahinfallen des Vertrags resultiert.37 Auch beim negativen Interesse ist der entgangene Gewinn erstattungsfähig, allerdings nicht der Gewinn, den die Gläubigerin aus dem Vertrag selbst hätte ziehen können, sondern der hypothetische Gewinn aus dem nicht geschlossenen Drittgeschäft, sofern die Wahrscheinlichkeit des Vertragsschlusses mit dem Dritten dargetan werden kann.38

4. Verhältnis positives und negatives Interesse

Die Zuordnung zum positiven oder negativen Interesse sagt nichts über die Höhe des Schadenersatzes aus.39 Das negative Interesse kann höher ausfallen als das positive Interesse.40 Dies ist vor allem dann denkbar, wenn der hypothetische Gewinn aus einem nicht abgeschlossenen Drittgeschäft grösser ist als der Ersatz aus der Nichterfüllung des Vertrags.41 Der Ersatz des negativen Interesses ist im Übrigen nicht auf den Betrag des positiven Interesses beschränkt.42

5. Prozessuales

In prozessualer Hinsicht ist der Schaden – und zwar hinsichtlich des Vorhandenseins und dessen Höhe – von der beweisbelasteten Gläubigerin darzulegen.43 Grundsätzlich wird von ihr ein konkreter Schadensnachweis verlangt; es müssen bestimmte schädigende Ereignisse oder, bei Geltendmachung entgangenen Gewinns, bestimmte gewinnbringende Ereignisse, deren Eintritt durch das schädigende Verhalten verunmöglicht wurden, nachgewiesen werden.44 Nur falls der Schaden ziffernmässig nicht nachweisbar ist, kann eine gerichtliche Festsetzung nach Art. 42 Abs. 2 OR verlangt werden, was die Gläubigerin nicht von ihrer Substanziierungsobliegenheit befreit; in Aus der ZeitschriftFamPra.ch 1/2023 | S. 26–43 Es folgt Seite № 32diesem Sinne hat sie weiterhin alle Umstände, die für den Schadenseintritt sprechen und dessen Abschätzung erlauben oder erleichtern, im möglichen und zumutbaren Rahmen zu behaupten und zu beweisen.45 Der Bestand des Schadens gilt als nachgewiesen, wenn die Akten hinreichende Anhaltspunkte bieten, die angesichts des ordentlichen Laufs der Dinge mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf sein Vorhandensein schliessen lassen.46

V. Positives und negatives Interesse im nachehelichen Unterhaltsrecht

1. Vorbemerkung

Wie dargelegt kommt das Bundesgericht in seinen Entscheiden zwar auf das positive und negative Interesse zu sprechen, es relativiert die Verweise aber sogleich wieder («gewissermassen eine Art negatives Interesse», «sozusagen ein positives Interesse», «dennoch wird der nacheheliche Unterhalt nicht in erster Linie mit dem Schadenersatzgedanken […] begründet»),47 was vermuten lässt, das Bundesgericht sei von diesem Ansatz selbst nicht restlos überzeugt.48 Die erwähnten vertragsrechtlichen Grundlagen liefern denn auch keine wesentlichen neuen Erkenntnisse; immerhin zeigen sie, dass das negative Interesse auch den Ersatz des entgangenen Gewinns umfassen und je nach Fallkonstellation höher sein kann als das positive Interesse.

2. Positives Interesse im nachehelichen Unterhaltsrecht

Obwohl nicht als solches bezeichnet, scheint – zumindest methodisch49 – klar zu sein, wie sich das positive Interesse, das dem unterhaltsansprechenden Ehegatten die Beibehaltung des gemeinsam gewählten Lebensstandards gewährleisten soll,50 im nachehelichen Unterhaltsrecht bestimmen lässt. Es ist dafür zunächst auf Basis des in der Ehe gelebten Standards der eheliche Verbrauchsunterhalt zu berechnen,51 all- Aus der ZeitschriftFamPra.ch 1/2023 | S. 26–43 Es folgt Seite № 33fällig in Berücksichtigung der frei gewordenen Mittel für den Kindesunterhalt.52 Der auf dieser Grundlage ermittelte eheliche Überschussanteil des berechtigten Ehegatten bildet zusammen mit seinem betreibungs- resp. familienrechtlichen Existenzminimum nach Aufnahme des Getrenntlebens und dem Vorsorgeunterhalt den gebührenden nachehelichen Unterhalt53 resp. das positive Interesse. Was nach Abzug der bei Ausschöpfung der zumutbaren und möglichen Eigenversorgungskapazität an Differenz übrig bleibt,54 bildet die «Jongliermasse» für die Festlegung eines Ausgleichs in Form von nachehelichen Unterhaltsbeiträgen.55 Für die Frage, welche Unterhaltsrente dabei im konkreten Einzelfall zeitlich und betragsmässig angemessen ist, ist auf die Kriterien von Art. 125 Abs. 2 ZGB zurückzugreifen, wobei insbesondere die Erwerbshinderung durch Kinderbetreuung, die Ehedauer, das Vermögen und anderweitige finanzielle Absicherungen ins Gewicht fallen sollen.56

3. Negatives Interesse im nachehelichen Unterhaltsrecht

a) Anhaltspunkte aus Entscheiden

BGE 147 III 249 liefert erste Hinweise für die Bestimmung des negativen Interesses im nachehelichen Unterhaltsrecht, wenn erwogen wird, die seit der Trennung geleisteten monatlichen Unterhaltsbeiträge von CHF 4500.– entsprächen unbestrittenermassen unabhängig der Frage, ob die Ehe lebensprägend sei oder nicht, der Höhe des gebührenden Unterhalts, «nämlich in etwa dem, was die Ehefrau als Sekretärin oder Sachbearbeiterin vor der Heirat netto verdient hat (gemäss den kantonalen Sachverhaltsfeststellungen zuletzt Bruttolohn von Fr. 5100.–) und was sie heute netto in diesem Umfeld zu verdienen vermöchte».57 Unklar scheint allerdings, ob das Bundesgericht die Ehefrau damit strikte auf ihr voreheliches Verdienstniveau verweisen wollte oder ob es davon ausgegangen ist, das Einkommen(spotenzial) von CHF 4500.– hätte selbst bei einer während der Ehe fortgeführten Karriere niemals überschritten werden können.58

Daneben ist BGE 148 III 161 zu entnehmen, dass gemeinsame Kinder für sich genommen zwar keine Lebensprägung mehr begründeten.59 Aus der Betreuung Aus der ZeitschriftFamPra.ch 1/2023 | S. 26–43 Es folgt Seite № 34stammende Nachteile könnten, soweit sie nicht durch den Betreuungsunterhalt abgedeckt seien, im Einzelfall aber auch ohne Annahme einer lebensprägenden Ehe und Anknüpfung an den ehelichen Lebensstandard über den nachehelichen Unterhalt abgegolten werden.60 Verwiesen wird dabei auf BGE 144 III 481, in dem als verbleibender Nachteil namentlich die Differenz zwischen dem für den Betreuungsunterhalt relevanten familienrechtlichen Existenzminimum und dem gebührenden Unterhalt zur Fortführung des bisherigen Lebensstandards inkl. Vorsorgeunterhalt aufgeführt wird.61

In BGE 147 III 249 und 148 III 161 wird sodann auf frühere Urteile verwiesen, die teilweise aber keine grosse Hilfe bieten.62 Gewisse Anhaltspunkte liefert der bundesgerichtlich erwähnte BGer 5A_93/2019, wonach der berechtigte Ehegatte bei nicht lebensprägenden Ehen nur in die Lage versetzt werden müsse, in der er sich befunden hätte, wenn er nicht geheiratet hätte;63 er habe gewissermassen einen Anspruch auf Ersatz des durch die Ehe verursachten sog. Eheschadens.64 In anderen Urteilen des Bundesgerichts findet sich dieselbe Erwägung, mit dem Zusatz, der Eheschaden entspreche terminologisch dem negativen Interesse bei der vertraglichen Haftung.65 In BGer 5C.199/2006 wird weiter dargelegt, bei nicht lebensprägenden Ehen sei an die vorehelichen Verhältnisse anzuknüpfen und zu prüfen, welche wirtschaftliche Stellung der berechtigte Ehegatte im Scheidungszeitpunkt innegehabt hätte, wenn die Ehe nicht geschlossen worden wäre.66 Sodann führt das Bundesgericht in BGer 5C.270/2000 im Falle einer nicht als lebensprägend beurteilten Ehe aus, die Ehefrau hätte ohne Heirat ein Verdienstpotenzial von netto CHF 6000.– gehabt. In einer ersten Phase könne sie CHF 1500.– und anschliessend CHF 3000.– verdienen, weshalb die vorinstanzlich gesprochenen Unterhaltsrenten von CHF 5500.– in Phase 1 und CHF 3500.– in Phase 2 um CHF 1000.– resp. CHF 500.– höher seien als ihr eigentlicher Anspruch; es werde damit aber auch ein scheidungsbedingter Mehrbedarf abgedeckt, der durch die von der Ehefrau zu absolvierende Weiterbildung entstehe.67

Wiederholt zitiert wird schliesslich BGer 5C.244/2006,68 in dem dargelegt wird, bei nicht lebensprägenden Ehen sei nicht einfach ein mathematisch berechneter Ehe- Aus der ZeitschriftFamPra.ch 1/2023 | S. 26–43 Es folgt Seite № 35schaden zu vergüten; «vielmehr muss der Unterhaltsbeitrag angesichts der Ehedauer, ferner auch der anderen gesetzlichen Kriterien, insgesamt angemessen im Sinn von Art. 125 Abs. 1 ZGB sein. So ginge es beispielsweise nicht an, einem Ehegatten, der für eine Kürzestehe von wenigen Monaten eine hochbezahlte Stelle aufgegeben hat und trotz des relativ kurzen Arbeitsunterbruchs nicht mehr dort anknüpfen kann, bis zur Pensionierung die ganze Differenz als nachehelichen Unterhalt zuzusprechen. Der Verzicht auf die Fortführung der Erwerbstätigkeit ist selbst bei einer gemeinsamen, übereinstimmenden Lebensplanung der Ehegatten stets auch ein persönlicher Verzicht, bei welchem derjenige, der die Stelle aufgibt, ein gewisses finanzielles Risiko eingeht.»69 Im konkreten Fall schützte das Bundesgericht letztlich aber die Vorinstanz, die einer Ehefrau in einer zweiten Phase während acht Jahren eine nacheheliche monatliche Rente von CHF 400.– bis zum Erreichen ihres AHV-Alters zugesprochen hatte, da die Ehefrau «ohne Zusammenleben und Eheschluss infolge fortgesetzter Arbeitstätigkeit für ihre (als solche nicht ehebedingte) Invalidität eine halbe BVG-Invalidenrente von rund Fr. 400.– erhalten hätte».70 Ergänzend hielt das Bundesgericht – offenbar auf Einwand des Ehemannes hin – fest, dass der voreheliche Lebensstandard mit einem Unterhalt von CHF 400.– nicht überschritten werde.71

b) Zwischenfazit

Für die Bestimmung des negativen Interesses im nachehelichen Unterhaltsrecht scheinen nach dem Gesagten namentlich das Einkommen(spotenzial) und die voreheliche Lebenshaltung72 des unterhaltsberechtigten Ehegatten sowie der Vorsorgeunterhalt nach Art. 125 Abs. 1 ZGB massgebend zu sein. Im Folgenden werden die betreffenden Komponenten näher beleuchtet.

c) Einkommen(spotenzial)

Beim negativen Interesse ist danach zu fragen, inwiefern der unterhaltsansprechende Ehegatte nach der Scheidung eine wirtschaftliche Lage schaffen kann, in der er nicht schlechtergestellt ist, als wenn er ledig geblieben wäre.73 Dass der Ehegatte Anspruch auf einen Ausgleich hat, soweit er nach der Ehe nicht mehr an seinen vor- Aus der ZeitschriftFamPra.ch 1/2023 | S. 26–43 Es folgt Seite № 36ehelichen Verdienst anknüpfen kann, ist soweit klar.74 Umstritten scheint dagegen, wie mit darüber hinausgehenden Karriereeinbussen umzugehen ist.75 Beim negativen Interesse wird die finanzielle Lage des unterhaltsansprechenden Ehegatten nach der Scheidung mit der finanziellen Lage, in der er sich ohne die Heirat befinden würde, verglichen.76 Es bedarf somit einer hypothetischen Betrachtung,77 und es reicht nicht aus, einfach auf die finanziellen Gegebenheiten vor der Heirat abzustellen. Hat ein Ehegatte aufgrund einer Heirat (übliche) Karriereschritte nicht vollzogen, muss nach vorliegend vertretener Meinung daher auch der daraus resultierende entgangene Gewinn geltend gemacht werden können. In diesem Sinne begnügte sich etwa das Kantonsgericht St. Gallen in einem Fall aus dem Jahr 2007 bei der Bestimmung des negativen Interesses nicht damit, zu ermitteln, welchen Verdienst die Ehefrau mit ihrer vorehelichen Tätigkeit als Verkäuferin in Bäckereien und der Migros erzielt hat, sondern stellte vielmehr darauf ab, welches Einkommen sie nach regelmässiger Weiterbildung als Fachkraft hätte erreichen können.78 Der «Heiratsschaden» oder «Eheschaden» entspricht bei diesem Ansatz der Differenz zwischen dem potenziellen Verdienst des unterhaltsansprechenden Ehegatten bei während der Ehe fortgesetzter Karriere, naheliegenderweise berechnet auf der Grundlage von Lohntabellen,79 und dem tatsächlichen oder hypothetischen Einkommen auf Basis der effektiv gegebenen beruflichen Realitäten.80

Wenn es einem Ehegatten nach einer Ehe wieder möglich sein sollte, an seine frühere berufliche Stellung anzuknüpfen oder einer anderen ähnlich entlöhnten Arbeit nachzugehen, hat er damit zwar allfällig kein Anrecht auf Vergütung des posi- Aus der ZeitschriftFamPra.ch 1/2023 | S. 26–43 Es folgt Seite № 37tiven Interesses, weil seine Ehe eventuell nicht als lebensprägend beurteilt wird,81 er kann die ehebedingten Karriereeinbussen resp. das eingebüsste Verdienstpotenzial aber über das negative Interesse ausgeglichen erhalten.

Der obige Standpunkt drängt sich auch mit Blick auf BGE 148 III 161 resp. BGE 144 III 481 auf.82 Wie erwähnt zeigt das Bundesgericht darin auf, dass es gewisse Nachteile aus Kinderbetreuungspflichten gibt, die nicht über den Betreuungsunterhalt, sondern über den nachehelichen Unterhalt ausgeglichen werden sollen.83 Der in den bundesgerichtlichen Unterhaltsleitentscheiden regelmässig zitierten Botschaft zur Kindesunterhaltsrevision84 lässt sich dazu Folgendes entnehmen: «Mittelbar ist bei einem späteren Wiedereintritt ins Berufsleben mit erschwerten Bedingungen zu rechnen. Es besteht möglicherweise eine Verminderung der Karrierechancen. ‹Die Zeit, die Kinder kosten, aber auch mangelhafte Vereinbarkeit von Familie und Beruf, schlagen sich für die Betreuungspersonen […] [in] verlorenen Karrierechancen (…) nieder […]. Wer aus familiären Gründen zurücksteckt, verpasst häufig Karriereschritte, die lebenslang zu einem höheren Einkommen und einem gesicherten Alter führen würden. Wer weniger berufliche Erfahrung aufweist, hat mehr Mühe, eine gute Stelle mit Aufstiegsmöglichkeiten zu finden. Wer die Kinder weiter bei sich hat, kann schwer parallel zum Erwerb in eine Weiterbildung einsteigen, um solche Mankos wettzumachen.› Diese weiteren Folgen der Betreuung haben nicht mehr unmittelbar mit der Gewährleistung der Betreuung als Anspruch des Kindes zu tun. (…) Diese Folgen der gewählten Aufgabenteilung sollen nur gemeinsam getragen werden, wenn die Eltern verheiratet waren. (…) Wenn aufgrund eines gemeinsamen Entscheides eine Erwerbstätigkeit nicht aufgenommen, reduziert oder aufgegeben wird, um für die Kinder zu sorgen, liegt ein ehebedingter Nachteil vor. Dieser Aspekt muss weiterhin im nachehelichen Unterhalt berücksichtigt werden.»85 Auch vor diesem Hintergrund scheint es richtig, beim negativen Interesse Karriereeinbussen in der vorgeschlagenen Form zu berücksichtigen.

Von der Frage der theoretischen Begründbarkeit sind die praktische Umsetzung und die Frage der Beweisbarkeit zu unterscheiden.86 Abgesehen davon, dass der Schaden in Form der mutmasslichen Berufskarriere resp. Gehaltsentwicklung dargelegt Aus der ZeitschriftFamPra.ch 1/2023 | S. 26–43 Es folgt Seite № 38werden muss, bleibt insbesondere abzuwarten, ob es auch hier, wie offenbar auf der Ebene der Lebensprägung, eines Nachweises dafür bedarf, dass der Schaden «eine direkte oder notwendige Folge der Ehe» ist.87 Wer den unterhaltsansprechenden Ehegatten vertritt, wird sich künftig angesichts der neu einzelfallorientierten Beurteilung der Lebensprägung wohl regelmässig überlegen müssen, ob primär der Ausgleich des positiven Interesses und eventualiter der Ersatz des negativen Interesses geltend gemacht werden muss. Das nacheheliche Unterhaltsrecht wird damit um eine zusätzliche Komponente erweitert, und die Unterhaltsberechnungen werden noch komplexer, als sie es seit den neuen Leitentscheiden ohnehin schon sind.88 Es gilt weiter zu bedenken, dass das Bundesgericht, das den Anspruch auf nachehelichen Unterhalt anders als die herrschende Lehre mit der nachehelichen Solidarität begründet,89 selbst bei lebensprägenden Ehen darauf hinweist, «dass das Gesetz in Art. 125 Abs. 1 ZGB von ‹angemessenem› Unterhalt spricht. Dieser ist mithin insbesondere in zeitlicher Hinsicht zu limitieren.»90 Die Tragweite dieser umstrittenen Erwägung ist zwar nicht abschliessend geklärt, und es bleibt stets der Einzelfall massgeblich.91 Trotzdem dürfte sich für die Parteien vielfach die Frage stellen, welcher Aufwand in Kauf genommen werden soll, um das negative Interesse geltend zu machen, und in welchem Verhältnis die erhofften nachehelichen Renten (in zeitlicher und betraglicher Hinsicht) dazu stehen.

d) Voreheliche Lebenshaltung

Für die Bestimmung der vorehelichen Lebenshaltung resp. des entsprechenden Verbrauchsunterhalts ist in Erinnerung zu rufen, wie der massgebende Verbrauchsunterhalt bei lebensprägenden Ehen ermittelt wird. Es wird vom betreibungs- resp. familienrechtlichen Existenzminimum nach der Trennung ausgegangen.92 Dieses wird um den ehelichen Überschussanteil erweitert.93 Der Überschuss entspricht den Aus der ZeitschriftFamPra.ch 1/2023 | S. 26–43 Es folgt Seite № 39Mitteln, die nach Abdeckung des Bedarfs für die Bestreitung des Lebensunterhalts verbleiben, unter Ausscheidung einer allfälligen Sparquote.94 Die eheliche Sparquote ist dabei praxisgemäss vom unterhaltspflichtigen Ehegatten nachzuweisen.95 Dass hingegen eine voreheliche Sparquote, die alleine in die Sphäre des unterhaltsansprechenden Ehegatten fällt, nicht vom unterhaltspflichtigen Ehegatten belegt werden kann, liegt wohl auf der Hand. So oder so muss es im Falle einer nicht lebensprägenden Ehe dem unterhaltsansprechenden Ehegatten obliegen, den Nachweis für seine voreheliche Lebenshaltung zu erbringen. Diesen Nachweis kann er nach vorliegend vertretener Ansicht entweder «positiv» leisten, indem er seinen (gesamten) vorehelichen Bedarf einstufig-konkret darlegt.96 Oder er belegt «negativ», dass er vor der Ehe nichts angespart hat, weshalb seine voreheliche Lebenshaltung dem vorehelich erzielten (vollständig verbrauchten) Verdienst entspricht.97

Der Blick in die Praxis zeigt allerdings, dass es für die Parteien bereits herausfordernd ist, alle Unterlagen aus Ehezeiten zu organisieren.98 Nur wenige Ehegatten dürften daher in der Lage sein, ihren vorehelichen Bedarf, geschweige denn ihre effektive voreheliche Lebenshaltung unter Einschluss aller Ausgaben zu belegen. Am ehesten dürfte es ihnen gelingen, anhand der früheren Steuerunterlagen aufzuzeigen, dass vor der Ehe keine Ersparnisse gebildet wurden. Der erwähnte «negative» Ansatz dürfte daher für die meisten Parteien Erfolg versprechender sein. Klar scheint, dass die Verfahren durch diesen Aspekt abermals aufwendiger werden.99

e) Voreheliche Lebenshaltung als Obergrenze?

In der Lehre wird vertreten, dass bei nicht lebensprägenden Ehen bei der vorehelichen Lebensprägung als Obergrenze anzuknüpfen sei,100 wobei unklar scheint, was darunter genau verstanden wird. Nach hier vertretener Ansicht wäre es jedenfalls falsch, die Unterhaltsrenten stets eins zu eins auf die Höhe des vorehelichen Bedarfs zu plafonieren. Beim negativen Interesse soll der unterhaltsansprechende Ehegatte Aus der ZeitschriftFamPra.ch 1/2023 | S. 26–43 Es folgt Seite № 40nicht besser, aber auch nicht schlechtergestellt werden, als wenn er nicht geheiratet hätte.101 Wie erwähnt wird vorliegend vertreten, dass bei nicht lebensprägenden Ehen auch das nicht ausgeschöpfte Einkommenspotenzial als «Heiratsschaden» zu berücksichtigen ist.102 Naheliegenderweise erhöht sich mit steigendem Einkommen auch die Lebenshaltung. Das nicht ausgeschöpfte Verdienstpotenzial kann daher höchstens dann nicht vollständig ausgeglichen werden, wenn der Blick in die voreheliche Zeit nahelegt, dass der berechtigte Ehegatte seinen Mehrverdienst nicht vollständig für seine Lebenshaltung verbraucht hätte. Am ehesten kann dies anhand des Verhältnisses zwischen dem früheren Bedarf und den früheren Einkünften beurteilt werden.103 Hat der unterhaltsberechtigte Ehegatte etwa schon vor der Heirat sein gesamtes Einkommen verbraucht, gibt es keinen Grund zur Annahme, dass dies bei einem Karrieresprung anders gewesen wäre. Eine Plafonierung wäre diesfalls nicht sachgerecht. Im Falle einer vorehelichen Sparquote kann der anhand des Einkommensvergleichs bestimmte «Eheschaden» dagegen je nach Lage des Einzelfalls angemessen herabgesetzt werden, da der Unterhaltsbeitrag nicht zur Ersparnisbildung dienen soll.104

f) Vorsorgeunterhalt

Wie erwähnt wird der in Art. 125 Abs. 1 ZGB genannte Vorsorgeunterhalt in BGE 144 III 148, auf den BGE 148 III 161 verweist, explizit als Nachteil genannt, der über den nachehelichen Unterhalt auszugleichen ist.105 «Der Vorsorgeunterhalt als nachehelicher Vorsorgeausgleich kommt dort in Frage, wo die zu erwartende Vorsorgeeinbusse einen ehebedingten Nachteil darstellt.»106 Da der berechtigte Ehegatte beim negativen Interesse so zu stellen ist, wie wenn die Ehe nicht geschlossen worden wäre,107 kann wohl grundsätzlich auch bei nicht lebensprägenden Ehen ein Vorsorgeunterhalt geschuldet sein.108 Ob es eines Nachweises bedarf, dass die Vorsorgeeinbusse «eine direkte oder notwendige Folge der Ehe» ist,109 bleibt abzuwarten.

Praxisgemäss und nach wohl herrschender Lehre ist für die Berechnung des Vorsorgeunterhalts vom Verbrauchsunterhalt ohne Kinderanteile auszugehen; dieser wird in ein fiktives Bruttoerwerbseinkommen umgerechnet, um gestützt darauf die Arbeitgebenden- und Arbeitnehmendenbeiträge der 1. und 2. Säule zu bestimmen, die zusam- Aus der ZeitschriftFamPra.ch 1/2023 | S. 26–43 Es folgt Seite № 41men mit der darauf entfallenden Steuerlast den Vorsorgeunterhalt ergeben.110 Inwiefern diese anhand von lebensprägenden Ehen entwickelten Grundsätze für die Vorsorgeunterhaltsbestimmung bei nicht lebensprägenden Ehen übernommen werden können, steht jedoch wohl nicht fest. Dabei wird sich unter anderem die Frage stellen, von welchem (vorehelichen oder vorehelichen, aber karrierebedingt «hochgerechneten»)111 Verbrauchsunterhalt auszugehen ist und inwiefern die karrierebedingten Einkommens- und Vorsorgeeinbusse des unterhaltsberechtigten Ehegatten bereits über den (indes nur die Nettoeinkommensdifferenz abdeckenden) «Heiratsschaden»112 ausgeglichen wird.

g) Angemessene Unterhaltsbeiträge bei nicht lebensprägenden Ehen

Von der Frage des negativen Interesses ist die Frage der im Ergebnis nach Art. 125 Abs. 1 ZGB geschuldeten, in zeitlicher und betraglicher Hinsicht angemessenen Unterhaltsbeiträge zu unterscheiden.113 Dabei gilt es zu bedenken, dass das Bundesgericht den nachehelichen Unterhalt auch bei nicht lebensprägenden Ehen in der nachehelichen Solidarität begründet sieht.114

Wie erwähnt ist wohl nicht in jedem Fall eins zu eins der mathematisch berechnete «Eheschaden» auszugleichen, sondern muss in Berücksichtigung aller Faktoren – aufseiten beider Ehegatten – beurteilt werden, welcher Unterhalt letztlich angemessen ist resp. erscheint.115

Dabei kann sich – je nach den konkreten Verhältnissen des zu beurteilenden Einzelfalls – allfällig die Frage stellen, inwiefern der ermittelte «Heiratsschaden» auf beide Ehegatten aufzuteilen ist.116 Daneben wird es aber auch Fälle geben, in denen der gesamte «Eheschaden» vom unterhaltspflichtigen Ehegatten zu tragen ist, wie etwa der Blick auf den bereits zitierten BGer 5C.244/2016 zeigt: «Für den vorliegenden Fall er- Aus der ZeitschriftFamPra.ch 1/2023 | S. 26–43 Es folgt Seite № 42gibt sich, dass im angefochtenen Entscheid ausdrücklich ein als ehebedingt bezeichneter Schaden festgestellt worden ist, welcher daher rühre, dass die Berufungsbeklagte ohne Zusammenleben und Eheschluss infolge fortgesetzter Arbeitstätigkeit für ihre (…) Invalidität eine halbe BVG-Invaliditätsrente von rund Fr. 400.– erhalten hätte. Diesen Betrag hat die Vorinstanz der Berufungsbeklagten als Unterhaltsrente zugesprochen. Er ist relativ bescheidenen Umfangs und für den nach der zweijährigen Übergangsrente bis zum AHV-Alter der Berufungsbeklagten verbleibenden Zeitraum von rund acht Jahren geschuldet. Das eheliche Zusammenleben dauerte knapp sechs Jahre, sodass nicht von einer Kürzestehe gesprochen werden kann. Die finanziellen Verhältnisse des Berufungsklägers sind gut (nach den vorinstanzlichen Feststellungen beträgt sein Nettoeinkommen Fr. 10700.– zuzüglich Vermögenserträge), und er wird den Unterhaltsbeitrag auch nach seiner Pensionierung aufbringen können, während die wirtschaftliche Lage der Berufungsbeklagten nach den verbindlichen Feststellungen eher ungünstig sein wird (das Total der ihr zugemuteten Einkünfte wird Fr. 3440.– betragen). Im Übrigen (…) darf (…) davon ausgegangen werden, dass der voreheliche Lebensstandard mit dem Unterhaltsbeitrag von Fr. 400.– nicht überschritten wird.»117 Zum selben Schluss gelangte das Kantonsgericht St. Gallen in dem ebenfalls vorstehend zitierten Urteil aus dem Jahr 2007 mit der Überlegung, die Ehefrau hätte ohne Heirat mit regelmässiger Weiterbildung als Fachkraft CHF 4500.– im Monat verdienen können, realistisch seien für sie als fünfzigjährige Frau im Detailhandel bei einfacher Tätigkeit nunmehr aber nur noch monatlich CHF 3300.–, weshalb der Ehemann zu verpflichten sei, ihr die Differenz von CHF 1200.– bis zum Eintritt in das AHV-Alter als nacheheliche Rente zu bezahlen.118

VI. Fazit

Das Bundesgericht hat in seinen Unterhaltsleitentscheiden von jahrzehntelang zur Anwendung gelangenden Automatismen Abstand genommen und betont, die Frage der Lebensprägung sei einzelfallweise zu beurteilen.119 Es ist mit Blick auf die wohl höheren Hürden für die Annahme einer Lebensprägung120 davon auszugehen, dass sich künftig vermehrt die Frage nach der Dauer und der Höhe nachehelicher Unterhaltsbeiträge bei nicht lebensprägenden Ehen stellen wird.121

Nach dem Gesagten lassen sich auch in dieser Konstellation nacheheliche Renten begründen, wobei deren Höhe vom infrage stehenden negativen Interesse abhängt. Aus der ZeitschriftFamPra.ch 1/2023 | S. 26–43 Es folgt Seite № 43Dieses ist nicht per se tiefer als das positive Interesse, zumal bei nicht lebensprägenden Ehen nach vorliegend vertretener Ansicht auch ein Ausgleich für das ehebedingt entgangene Einkommen(spotenzial) verlangt werden kann. Daneben kommt namentlich ein angemessener Vorsorgeunterhalt infrage. Dogmatisch scheint das negative Interesse für den unterhaltsansprechenden Ehegatten daher durchaus von Interesse zu sein. Die Herausforderung dürfte letztlich in der praktischen Durchsetzung der theoretisch begründbaren Ansprüche und in deren Kosten-Nutzen-Verhältnis liegen.

Noch sind viele Frage zum negativen Interesse unbeantwortet. Nachdem das damit verbundene «Vakuum» mit Blick auf die Rechtssicherheit und Rechtsgleichheit problematisch ist122 und zulasten der ökonomisch schwächeren Partei geht,123 wäre es wünschenswert, würde die Frage der nachehelichen Renten bei nicht lebensprägenden Ehen in der Lehre und der Praxis vermehrt diskutiert und würde das Bundesgericht auch in dieser Hinsicht zeitnah für «Klarheit» sorgen.

Zusammenfassung

Noch immer werden die Leitentscheide des Bundesgerichts zum nachehelichen Unterhalt in der Lehre und der Praxis kontrovers diskutiert. Wenig Beachtung findet dabei die Frage, inwiefern sich nacheheliche Unterhaltsbeiträge auch bei nicht lebensprägenden Ehen begründen lassen. Dass in diesem Fall nicht der eheliche Standard auszugleichen ist, ist bekannt. Wie sich der gebührende voreheliche Standard aber konkret bestimmen lässt und sich das negative Interesse («Heiratsschaden») vom vertrauten positiven Interesse («Scheidungsschaden») abgrenzen lässt, ist weitgehend ungeklärt. Mit dem vorliegenden Beitrag soll die Diskussion zu diesem angesichts der sich verändernden Praxis zur Lebensprägung an Aktualität gewinnenden Aspekt lanciert werden.

Résumé

Les arrêts de principe du Tribunal fédéral rendus sur l’entretien après le divorce restent des sujets de controverses dans la doctrine et la pratique. Peu d’attention est toutefois accordée à la question de savoir dans quelle mesure les contributions d’entretien après le divorce peuvent se justifier même dans le cas de mariages n’ayant pas eu d’impact décisif sur l’organisation de la vie. Il est admis que le niveau de vie durant le mariage n’a pas à être compensé dans ce cas. En revanche, la question de la détermination concrète du niveau de vie convenable avant le mariage et celle de la distinction entre l’intérêt négatif (« dommage lié au mariage ») et la notion plus connue de l’intérêt positif (« dommage lié au divorce ») restent largement méconnues. Cette contribution entend lancer le débat sur cet aspect qui gagne en actualité au vu de l’évolution de la pratique relative à la notion du mariage ayant eu un impact décisif sur la vie.

  1. 1 Für die weiterführenden Hinweise zum vorliegenden Beitrag sei Prof. Roland Fankhauser und Prof. Jonas Schweighauser herzlich gedankt.
  2. 2 Etwa Stoll, Sind die Tage des nachehelichen Unterhalts gezählt? Eine Einordnung der Unterhaltsrechtsprechung des Bundesgerichts, recht 4/2022, 213 ff.
  3. 3 Statt vieler FamKomm ZGB I/Büchler/Raveane, 2022, Art. 125 N 4 ff.; FamKomm Anhänge II/Aeschlimann/Bähler, 2022, Anh. UB N 11 ff.; BSK ZGB I/Gloor/Spycher, 2022, Art. 125 N 3 ff.; Mordasini/Stoll, Die Praxisänderungen im (nach-)ehelichen Unterhaltsrecht auf dem Prüfstand, FamPra.ch 2021, 527 ff.; Maier/Waldner-Vontobel, Gedanken zur neuen Praxis des Bundesgerichtes zum Unterhaltsrecht aus der Perspektive des erstinstanzlichen Gerichts, FamPra.ch 2021, 871 ff.; Meyer, Unterhaltsberechnung: Ist jetzt alles klar?, FamPra.ch 2021, 896 ff.; Aebi-Müller, Aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Familienrecht, Jusletter 14.2.2022, 1, 6 ff.; Dieselbe, Die privatrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahr 2021, Familienrecht – Eherecht (​Eheschutz und Ehescheidung; insbes. Unterhaltsrecht) und Kindesrecht (Privatrecht), ZBJV 2022, 372 ff.; Geiser, Gedanken zu Entwicklungen im Unterhaltsrecht, AJP 2021, 714 ff.; Derselbe, Die Ehe als Lebensversicherung? (nachfolgend: Lebensversicherung), AJP 2022, 689 ff.; Geiser/Can, Urteilsbesprechung 5A_907/2018, AJP 2021, 401 ff.; Schwizer/Oeri, «Neues» Unterhaltsrecht, AJP 2022, 3 ff.
  4. 4 Vgl. aber immerhin BGE 147 III 249, E. 3.5.1, m.w.H. unten.
  5. 5 BGE 148 III 161, E. 4.3.3; zu Recht kritisch hinsichtlich des Standpunkts des Bundesgerichts, wonach die aus der wirtschaftlichen Abhängigkeit der Ehefrau resultierenden Nachteile im konkreten Fall nicht ehebedingt seien, BSK ZGB I/Gloor/Spycher, 2022, Art. 125 N 3b; m.w.H. Ludin, BGer, 25.3.2022, 5A_568/2021, Enge Auslegung des Begriffs der lebensprägenden Ehe (amtl. Publ.), in: Vasella/Klaber (Hrsg.), swissblawg.ch, 22.4.2022, abrufbar unter swissblawg.ch/2022/04/5a_568-2021-enge-auslegung-des-begriffs-der-lebenspraegenden-ehe-amtl-publ.html.
  6. 6 BGE 148 III 161, E. 4.3.3; anders KGE BL, 15.8.2022, 400 22 130, E. 4.4, wonach selbst bei fehlender Eigenversorgung einer 67-jährigen Partei kein Unterhalt geschuldet sei, wenn der Nachweis einer lebensprägenden Ehe misslinge.
  7. 7 Sehr restriktiv etwa BGE 147 III 249, E. 3.4.2.
  8. 8 BGE 147 III 249, E. 3.4.2.
  9. 9 BGE 147 III 249, E. 3.4.2; BGE 148 III 161, E. 4.2.
  10. 10 Medienmitteilung des Bundesgerichts, 9.3.2021, Einheitliche Berechnungsmethode beim familienrechtlichen Unterhalt, abrufbar unter www.bger.ch/files/live/sites/bger/files/pdf/de/211.1_03_2021_yyyy_mm_dd_T_d_13_03_49.pdf; de facto wurden in der Vergangenheit allerdings nur in 11% der Fälle unbefristete Renten gesprochen, vgl. dazu FamKomm ZGB I/Schwenzer/Büchler/Raveane, 2022, Vorbem. zu Art. 125–132 N 15 m.w.H.
  11. 11 Etwa Stoll, a.a.O., 213, 215.
  12. 12 BGE 148 III 161, E. 5.1; m.w.H. statt vieler Mordasini/Stoll, FamPra.ch 2021, 527, 546 f.
  13. 13 BGE 147 III 249, E. 3.4.1 in fine; BGE 148 III 161, E. 5.1; m.w.H. etwa Hausheer/Geiser/Aebi-Müller, Das Familienrecht des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, 2022, Rz. 553.
  14. 14 BGE 147 III 249, E. 3.4.1; BGE 148 III 161, E. 4.1; m.H. auf BGer, 27.8.2021, 5A_907/2019, E. 3.1.1; BGE 141 III 465, E. 3.1; BGE 137 III 102, E. 4.2.1.1; BGE 134 III 145, E. 4; BGE 132 III 593, E. 3.2.
  15. 15 BGE 147 III 249, E. 3.4.1; BGE 148 III 161, E. 4.1; m.H. auf BGE 141 III 465, E. 3.1; BGE 135 III 59, E. 4.1.
  16. 16 Hausheer/Geiser/Aebi-Müller, a.a.O., Rz. 553.
  17. 17 BGE 147 III 249, E. 3.4.5 am Anfang.
  18. 18 M.w.H. etwa Mordasini/Stoll, FamPra.ch 2021, 527, 541 ff., 560 ff.
  19. 19 BGE 148 III 161 resp. BGer, 25.3.2022, 5A_568/2021, Dispositiv.
  20. 20 BGE 148 III 161, E. 5.2.
  21. 21 Offenbar anders KGE BL, 15.8.2022, 400 22 130, E. 4.4.
  22. 22 BGer, 13.9.2021, 5A_93/2019, E. 3.1; Vetterli, Zur Bemessung des nachehelichen Unterhalts – ein Klärungsversuch, AJP 2009, 575, 580; Spycher, Unterhaltsleistungen bei Scheidung: Grundlagen und Bemessungsmethoden, Diss. 1998, S. 54; kritisch Büchler/Vetterli, Ehe Partnerschaft Kind, 2018, S. 134; m.w.H. etwa Honsell/Isenring/Kessler, Schweizerisches Haftpflichtrecht, 2013, Rz. 54; BK OR/Weber/Emmenegger, 2020, Art. 97 N 285.
  23. 23 Statt vieler BGE 132 III 359, E. 4; DIKE Komm. OR/Giger, 2016, Art. 97 N 25.
  24. 24 Statt vieler BGE 82 II 397, E. 6; DIKE Komm. OR/Giger, 2016, Art. 97 N 26; BK OR/Weber/Emmenegger, 2020, Art. 97 N 259; Spycher, a.a.O., S. 54.
  25. 25 Statt vieler BGE 132 III 359, E. 4; DIKE Komm. OR/Giger, 2016, Art. 97 N 25.
  26. 26 Statt vieler BSK OR I/Wiegand, 2020, Art. 97 N 38 m.w.H.
  27. 27 BK OR/Weber/Emmenegger, 2020, Art. 97 N 286; Schwenzer/Fountoulakis, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, 2020, Rz. 14.30; Gauch/Schluep/Emmenegger, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, 2020, Rz. 2898.
  28. 28 BK OR/Weber/Emmenegger, 2020, Art. 97 N 288; BSK OR I/Wiegand, 2020, Art. 97 N 38a; CHK OR/Furrer/Wey, 2016, Art. 97 N 128; OFK OR/Kren Kostkiewicz, 2016, Art. 97 N 13; Göksu, Präjudizienbuch OR, Die Rechtsprechung des Bundesgerichts (1875–2020), 2021, Art. 97 N 8; Koller, OR AT, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, 2017, Rz. 14. 226; Gauch/Schluep/Emmenegger, a.a.O., Rz. 2898, 2900.
  29. 29 Göksu, a.a.O., Art. 97 N 8.
  30. 30 BK OR/Weber/Emmenegger, 2020, Art. 97 N 255, 289.
  31. 31 BK OR/Weber/Emmenegger, 2020, Art. 97 N 289; BSK OR I/Wiegand, 2020, Art. 97 N 38a; OFK OR/Kren Kostkiewicz, 2016, Art. 97 N 13; Schwenzer/Fountoulakis, a.a.O., Rz. 14.30.
  32. 32 BK OR/Weber/Emmenegger, 2020, Art. 97 N 286; CHK OR/Furrer/Wey, 2016, Art. 109 N 25; Gauch/Schluep/Emmenegger, a.a.O., Rz. 2899.
  33. 33 BK OR/Weber/Emmenegger, 2020, Art. 97 N 291; BSK OR I/Wiegand, 2020, Art. 109 N 8; CHK OR/Furrer/Wey, 2016, Art. 97 N 128, Art. 109 N 26; OFK OR/Kren Kostkiewicz, 2016, Art. 97 N 13; DIKE Komm. OR/Giger, 2016, Art. 97 N 25; Koller, a.a.O., Rz. 14. 226.
  34. 34 Schwenzer/Fountoulakis, a.a.O., Rz. 14.31.
  35. 35 Gauch/Schluep/Emmenegger, a.a.O., Rz. 2899.
  36. 36 BK OR/Weber/Emmenegger, 2020, Art. 109 N 86.
  37. 37 BK OR/Weber/Emmenegger, 2020, Art. 97 N 291.
  38. 38 BK OR/Weber/Emmenegger, 2020, Art. 97 N 294, Art. 109 N 87 ff., 95; CHK OR/Furrer/Wey, 2016, Art. 109 N 30; Schwenzer/Fountoulakis, a.a.O., Rz. 14.31; Gauch/Schluep/Emmenegger, a.a.O., Rz. 2903; Göksu, a.a.O., Art. 109 N 3; BSK OR I/Wiegand, 2020, Art. 109 N 9.
  39. 39 BK OR/Weber/Emmenegger, 2020, Art. 97 N 294.
  40. 40 BK OR/Weber/Emmenegger, 2020, Art. 97 N 294, Art. 109 N 97; Schwenzer/Fountoulakis, a.a.O., Rz. 14.31; Koller, a.a.O., Rz. 46.31; Gauch/Schluep/Emmenegger, a.a.O., Rz. 2901.
  41. 41 BK OR/Weber/Emmenegger, 2020, Art. 109 N 99; BSK OR I/Wiegand, 2020, Art. 109 N 9; CHK OR/Furrer/Wey, 2016, Art. 109 N 30.
  42. 42 Schwenzer/Fountoulakis, a.a.O., Rz. 14.31; Koller, a.a.O., Rz. 46.31.
  43. 43 BK OR/Weber/Emmenegger, 2020, Art. 97 N 527 ff., Art. 109 N 94, 96.
  44. 44 Göksu, a.a.O., Art. 97 N 7.
  45. 45 BK OR/Weber/Emmenegger, 2020, Art. 97 N 527 ff., Art. 109 N 94, 96; Göksu, a.a.O., Art. 97 N 7.
  46. 46 BK OR/Weber/Emmenegger, 2020, Art. 97 N 529.
  47. 47 BGE 137 III 249, E. 3.4.1; vgl. oben.
  48. 48 Kritisch auch Büchler/Vetterli, a.a.O., S. 134; Vetterli, a.a.O., 575, 580.
  49. 49 Zur Verkomplizierung des Unterhaltsrechts und zu den offenen Fragen etwa Maier, Unterhaltsberechnungsprogramme – Fluch oder Segen?, AJP 2022, 1031 ff.; Schweighauser/Stoll, Brennpunkte im Unterhaltsrecht mit Fokus auf das Kindesunterhaltsrecht, in: Fankhauser/Büchler (Hrsg.), 10. Schweizer Familienrecht§Tage 2023 (im Druck).
  50. 50 Statt vieler BGer, 20.12.2012, 5A_446/2012, E. 3.2.3.1; Hausheer/Geiser/Aebi-Müller, a.a.O., Rz. 554.
  51. 51 BGE 147 III 293, E. 4.4; m.w.H. etwa Mordasini/Stoll, FamPra.ch 2021, 527, 535 ff., 546 ff.; Schweighauser/Stoll, a.a.O. (im Druck).
  52. 52 BGer, 28.3.2022, 5A_112/2020, E. 6.2; Schweighauser/Stoll, a.a.O. (im Druck).
  53. 53 BGE 147 III 293, E. 4.4; Mordasini/Stoll, FamPra.ch 2021, 527, 535 ff., 546 ff.; Schweighauser/Stoll, a.a.O. (im Druck).
  54. 54 BGE 147 III 249, E. 3.4.4; BGE 147 III 308, E. 5.6; m.w.H. etwa Mordasini/Stoll, FramPra.ch 2021, 527, 548 ff.
  55. 55 BGE 147 III 249, E. 3.4.5; m.w.H. etwa Mordasini/Stoll, FamPra.ch 2021, 527, 560 ff.
  56. 56 M.w.H. etwa Mordasini/Stoll, FamPra.ch 2021, 527, 560 ff.
  57. 57 BGE 147 III 249, E. 3.5.1.
  58. 58 M.w.H. unten; vgl. auch Diezi, Nachlebensgemeinschaftlicher Unterhalt, Diss. 2014, Rz. 873, wonach Personen mit «schlechter» beruflicher Qualifikation erfahrungsgemäss über ein überschaubares Karrierepotenzial verfügen würden.
  59. 59 BGE 148 III 161, E. 4.3.1.
  60. 60 BGE 148 III 161, E. 4.3.1 m.H. auf BGE 147 III 249, E. 3.4.1.
  61. 61 BGE 144 III 481, E. 4.8.3.
  62. 62 BGE 147 III 249, E. 3.4.1; BGE 148 III 161, E. 5.1; BGE 141 III 465, E. 3.1; BGer, 28.3.2012, 5A_95/2012, E. 3.1; BGer, 27.8.2021, 5A_907/2019, E. 3.1.1.
  63. 63 Vgl. auch BGer, 13.9.2006, 5C.169/2006, E. 2.5; BGer, 23.6.2005, 5C.49/2005, E. 2.1; BGer, 6.10.2004, 5C.149/2004, E. 4.3; BGer, 4.4.2001, 5C.278/2000, E. 3a.
  64. 64 BGer, 13.9.2021, 5A_93/2019, E. 3.1.
  65. 65 BGer, 20.12.2012, 5A_446/2012, E. 3.2.3.1.
  66. 66 BGer, 13.9.2006, 5C.169/2006, E. 2.5.
  67. 67 BGer, 4.4.2001, 5C.278/2000, E. 3 d f.
  68. 68 Vgl. etwa BGer, 13.9.2021, 5A_93/2019, E. 3.1; BGer, 20.12.2012, 5A_446/2012, E. 3.2.3.1; vgl. auch Hausheer/Geiser/Aebi-Müller, a.a.O., Rz. 554; Hausheer/Spycher, Handbuch des Unterhaltsrechts, 2010, Rz. 05.13.
  69. 69 BGer, 13.4.2007, 5C.244/2006, E. 2.4.8; m.w.H. etwa BGE 135 III 59, E. 4.1; BGer, 23.7.2014, 5A_316/2014, E. 3; AppG BS, 31.3.2016, ZB.2015.17/18, E. 2.2.1; AppG BS, 20.4.2016, ZB.2015.57, E. 2.3.1; AppG BS, 3.7.2018, ZB.2018.5, E. 2.6; m.w.H. etwa Hausheer/Spycher, a.a.O., Rz. 05.13.
  70. 70 BGer, 13.4.2007, 5C.244/2006, E. 2.4.9.
  71. 71 BGer, 13.4.2007, 5C.244/2006, E. 2.4.9.
  72. 72 Wobei in BGE 144 III 481, E. 4.8.3, auf den in BGE 148 III 161, E. 4.3.1, verwiesen wird, wie erwähnt von der «Fortführung des bisherigen Lebensstandards» die Rede ist; bei einer nicht lebensprägenden Ehe kann es dabei aber gerade nicht um den ehelichen Standard gehen, vgl. BGE 148 III 161, E. 5.1; Mordasini/Stoll, FamPra.ch 2021, 527, 546 f.
  73. 73 Botschaft Scheidungsrechtsrevision, BBl 1996 I 1, 23.
  74. 74 BGE 147 III 249, E. 3.5.1; m.w.H. etwa Hausheer/Geiser/Aebi-Müller, a.a.O., Rz. 556; Hausheer/Spycher, a.a.O., Rz. 05.13.
  75. 75 Diezi, a.a.O., Rz. 484 ff., 860 ff., 866 ff., Fn. 1840; KGer SG, 15.5.2007, BF.2006.44, FamPra.ch 2008, 188 f.; Vetterli, AJP 2009, 575, 580, 583; Schwenzer, Familienrecht im Umbruch, ZBJV 1993, 257, 266; Hinderling, Verschulden und nachehelicher Ehegattenunterhalt, Diss. 2001, S. 55 ff.; Hausheer/Geiser/Aebi-Müller, a.a.O., Rz. 556; Hausheer/Spycher, a.a.O., Rz. 05.13; Spycher, a.a.O., S. 75; Hausheer, Scheidungsunterhalt: Berechnungs- und Bemessungsmethoden, ZSR 2012, 3, 6 f.; BGer, 25.11.2002, 5C.235, 5C.236/2001, E. 3.1.2, mit dem Hinweis, dass die Praxis keinen eigentlichen Eheschaden im Sinne eines Ersatzes für den Verzicht auf eine eigene berufliche Laufbahn kenne.
  76. 76 Hinderling, a.a.O., S. 55 f.
  77. 77 Diezi, a.a.O., Rz. 868 in fine, Fn. 1840.
  78. 78 In diesem Sinne etwa KGer SG, 15.5.2007, BF.2006.44, FamPra.ch 2008, 188 f.; m.w.H. unten.
  79. 79 Vetterli, AJP 2009, 575, 583; vgl. zu den Lohnrechnern etwa auch BGer, 19.12.2019, 5A_435/2019, E. 4.1.2; m.w.H. etwa Mordasini/Stoll, FamPra.ch 2021, 527, 556 ff.; Geiser, Lebensversicherung, 689, 691.
  80. 80 Diezi, Rz. 868 in fine; KGer SG, 15.5.2007, BF.2006.44, FamPra.ch 2008, 188 f.; vgl. auch Vetterli, AJP 2009, 575, 583, der allerdings andernorts (580) darauf hinweist, es sei schwierig, im Nachhinein eine Berufskarriere abzuschätzen; in der Annahme, die Ehegatten hätten bei der Heirat vergleichbare Ausgangslagen gehabt, könne der Verlust an Verdienstpotenzial je nach gegebenen Verhältnissen auch anhand einer Aufteilung des Einkommensüberschusses ausgeglichen werden; vgl. dazu auch Büchler/Vetterli, a.a.O., S. 134.
  81. 81 So jedenfalls, wenn das Bundesgericht in BGE 147 III 249, E. 3.4.3, beim Wort genommen werden soll, was die einzelnen Elemente der Lebensprägung angeht; kritisch Mordasini/Stoll, FamPra.ch 2021, 527, 545, Fn. 91 f.
  82. 82 Vgl. oben.
  83. 83 BGE 148 III 161, E. 4.3.1, BGE 144 III 481, E. 4.8.3.
  84. 84 Statt vieler BGE 144 III 377, E. 7; BGE 144 III 481, E. 4.3 ff.; BGE 147 III 265, E. 5.3 ff.
  85. 85 Botschaft Kindesunterhaltsrevision, 556 m.w.H.; vgl. etwa auch Stoll, recht 4/2022, 213, 215 f.
  86. 86 M.w.H. etwa Diezi, a.a.O., Rz. 870 ff.; m.w.H. zu typischen Beweisfragen im nachehelichen Unterhaltsrecht etwa Jungo, Vom Risiko der Beweislosigkeit, in: Jungo/Fountoulakis (Hrsg.), Der Familienprozess, Beweis – Strategien – Durchsetzung, Symposium zum Familienrecht, 2020, S. 1 ff.; Dieselbe, Beweis der nachehelichen Unterhaltsforderung – oder: wer trägt die Beweislast für die (fehlende) Sparquote?, FamPra.ch 2020, 939 ff.
  87. 87 Vgl. BGE 148 III 161, E. 4.3.3, mit dem Hinweis, der Entscheid der Ehefrau, ihre Unternehmung in Abhängigkeit zur Unternehmensgruppe des Ehemannes zu stellen, möge durch die Ehe zwar «beeinflusst oder sogar bewirkt [sic!] worden sein. Die Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Selbständigkeit der Ehefrau erscheint aber nicht als ehebedingt»; zu Recht kritisch BSK ZGB I/Gloor/Spycher, 2022, Art. 125 N 3b.
  88. 88 M.w.H. etwa Maier, a.a.O., 1031 ff.
  89. 89 BGE 148 III 161, E. 5.1; aus der Lehre statt vieler Büchler/Vetterli, a.a.O., S. 131.
  90. 90 BGE 147 III 249, E. 3.4.5.
  91. 91 Insbesondere je nach der Erwerbshinderung durch die Kinderbetreuung, der Ehedauer, des Vermögens oder anderweitiger finanzieller Absicherungen; m.w.H. etwa Mordasini/Stoll, a.a.O., 527, 560 ff.; Stoll, a.a.O., 213 ff.
  92. 92 Wenn während des Zusammenlebens genügend Mittel vorhanden waren, spricht nichts dagegen, vom betreibungs- resp. familienrechtlichen Existenzminimum nach der Trennung auszugehen. Wenn die Ehegatten dagegen früher unter dem Existenzminimum gelebt haben, widerspricht dieser Ansatz wohl dem Gebot, dass der eheliche Verbrauchsunterhalt (nach der Scheidung erweitert um den Vorsorgeunterhalt) die Obergrenze des gebührenden Unterhalts bildet.
  93. 93 Vgl. oben; BGE 147 III 293, E. 4.4; Mordasini/Stoll, a.a.O., 527, 535 ff., 546 ff.; Schweighauser/Stoll, a.a.O. (im Druck).
  94. 94 Statt vieler Schweighauser/Stoll, a.a.O. (im Druck).
  95. 95 Statt vieler BGE 140 III 485, E. 3; kritisch etwa Jungo, FamPra.ch 2020, 939, 946 ff.
  96. 96 Statt vieler Hofmann/Mordasini, Nachehelicher Unterhalt in sehr guten Verhältnissen, in: Fankhauser/Büchler (Hrsg.), Neunte Schweizer Familienrecht§Tage, 2018, S. 183, S. 191 ff.
  97. 97 M.w.H. zur Beweislast für das Vorliegen oder Fehlen einer Sparquote etwa Jungo, FamPra.ch 2020, 939, 945 ff.
  98. 98 Auch das Bundesgericht ist der Ansicht, dass sich der Nachweis einer Lebensführung als schwierig erweisen kann, weshalb es sich für den zweistufig-konkreten Ansatz als Regelmethode ausgesprochen hat, vgl. BGE 147 III 293, E. 4.4.
  99. 99 M.w.H. statt vieler Maier, AJP 2022, 1031 ff.; Schweighauser/Stoll, a.a.O. (im Druck).
  100. 100 Liatowitsch/Mordasini, Praktische Überlegungen zum gebührenden Unterhalt bei lebensprägender Ehe und sehr guten Verhältnissen, in: Fankhauser Roland/Widmer Lüchinger Corinne/Klingler Rafael/Seiler Benedikt (Hrsg.), Das Zivilrecht und seine Durchsetzung, Festschrift Prof. Thomas Sutter-Somm, S. 833, 834; m.H. auf Hausheer/Spycher, a.a.O., Rz. 05.13; m.H. auf BGer, 13.4.2007, 5C.244/2006, E. 2.4.8.
  101. 101 Vgl. oben; m.w.H. etwa BGE 147 III 249, E. 3.4.1; BGE 148 III 161, E. 4.1.
  102. 102 Vgl. oben.
  103. 103 Vgl. oben.
  104. 104 Statt vieler FamKomm II Anhänge/Aeschlimann/Bähler, 2022, Anh. UB N 85 m.w.H.
  105. 105 Vgl. oben m.H. auf BGE 148 III 161, E. 4.3.1; BGE 144 III 481, E. 4.8.3.
  106. 106 FamKomm I ZGB/Büchler/Raveane, 2022, Art. 125 N 10; BGer, 8.6.2010, 5A_177/2010, E. 6.6.
  107. 107 Vgl. oben; m.w.H. etwa BGE 147 III 249, E. 3.4.1; BGE 148 III 161, E. 4.1.
  108. 108 Vgl. so auch BGer, 8.6.2010, 5A_177/2010, E. 6.6 e contrario; bejahend, aber einschränkend Gloor, Vorsorgeunterhalt, FamPra.ch 2008, 731, 738 f.
  109. 109 BGE 148 III 161, E. 4.3.3; zu Recht kritisch BSK ZGB I/Gloor/Spycher, 2022, Art. 125 N 3b; vgl. bereits oben.
  110. 110 BGE 147 III 249, E. 3.4.1; BGE 148 III 161, E. 4.1; FamKomm I ZGB/Büchler/Raveane, 2022, Art. 125 N 10; FamKomm II Anhänge/Aeschlimann/Bähler, 2022, Anh. UB 19 ff.; BSK ZGB I/Gloor/Spycher, 2022, Art. 125 N 4a; Kuko ZGB/Vetterli/Cantieni, 2018, Art. 125 N 10.
  111. 111 Vgl. oben.
  112. 112 Vgl. oben.
  113. 113 Vgl. etwa FamKomm II Anhänge/Aeschlimann/Bähler, 2022, Anh. UB N 4 ff., 10.
  114. 114 BGE 148 III 161, E. 5.1; anders die praktisch einhellige Lehre, die vor allem den Ausgleich der ehebedingten Nachteile als Grundlage des nachehelichen Unterhaltsrechts sieht; vgl. etwa Büchler/Vetterli, a.a.O., S. 131; Fountoulakis/Khalfi, Quelques réflexions sur la conception de l’entretien en droit de la famille, FamPra.ch 2014, 866 ff.; zum angemessenen Beitrag vgl. BGE 147 III 249, E. 3.4.5, und etwa Mordasini/Stoll, FamPra.ch 2021, 527, 560 ff.
  115. 115 BGer, 13.4.2007, 5C.244/2006, E. 2.4.8; m.w.H. etwa Diezi, a.a.O., Rz. 484 f.; Spycher, a.a.O., S. 53 f., 73 ff.
  116. 116 Hausheer/Spycher, a.a.O., Rz. 05.14; Diezi, a.a.O., Rz. 866 ff., wonach vom Verhältnis der Anteile an der häuslichen Arbeit während der Ehe auszugehen sei, um gestützt darauf den massgebenden Faktor zu bestimmen; sei die häusliche Arbeit in der Vergangenheit beispielsweise ausschliesslich von einem Ehegatten übernommen worden, seien der unterhaltsansprechenden Partei 50% (100% abz. 0%, geteilt durch zwei) zu gewähren, bei einer ehemals gelebten Aufgabenteilung im Verhältnis von 70% zu 30% seien dagegen 20% (70% abz. 30%, geteilt durch zwei) zuzusprechen.
  117. 117 BGer, 13.4.2007, 5C.244/2006, E. 2.4.9.
  118. 118 KGer SG, 15.5.2007, BF.2006.44, FamPra.ch 2008, 188 f.
  119. 119 BGE 147 III 249, E. 3.4.5; BGE 148 III 161, E. 4.3.3; m.w.H. etwa Mordasini/Stoll, FamPra.ch 2021, 527, 541 ff.; Stoll, recht 4/2022, 213 ff.
  120. 120 Statt vieler Mordasini/Stoll, FamPra.ch 2021, 527, 546.
  121. 121 Jedenfalls sofern sich der restriktive Ansatz von BGE 148 III 161, E. 4, durchsetzen sollte; m.w.H. etwa Ludin, a.a.O.; zu Recht kritisch BSK ZGB I/Gloor/Spycher, 2022, Art. 125 N 3b.
  122. 122 Statt vieler BK Einleitung Art. 1–9 ZGB/Hrubesch-Millauer, 2012, Art. 4 N 62.
  123. 123 Statt vieler FamKomm I ZGB/Büchler/Raveane, 2022, Art. 125 N 1 f.
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